Zur Spendenpraxis der Islamischen Hochschulgemeinschaft in der Charity Week
Der folgende Text ist ein Artikel, der in genau dieser Form am 12.06.20 auf dem CURAREdirekt Blog der AStA-Seite der Medizinischen Hochschule Hannover veröffentlicht wurde. Die darin genannte Islamische Gemeinschaft (MHH-IG), eine dem Präsidium der MHH unterstellte Organisationseinheit und Projektgruppe des AStAs, drohte daraufhin in diesem Schreiben mit einer Klage „aufgrund übler Nachrede und Verleumdung“ gegen den AStA als Betreiber der Seite. Dieser entfernte daraufhin den Artikel und kündigte an, demokratisch über eine mögliche Wiederveröffentlichung zu entscheiden zu lassen. Dies geschah, obwohl eine Klage derart mangelhaft begründet keinerlei Aussicht auf Erfolg haben konnte. Kurze Zeit später entschuldigte die MHH-IG sich auch für die vorschnelle Drohung, diese sei allerdings als Ausdruck der enormen emotionalen Betroffenheit zu sehen. Zwar wurde auch die inhaltliche Richtigkeit der Recherche von allen Seiten eingestanden und die MHH-IG nahm sofort davon Abstand, weiterhin an den im Artikel genannten Verein Islamic Relief zu spenden. Die dauerhafte Löschung des Artikels wurde dann allerdings vom AStA damit begründet, dass ich als Autor meiner zwischenmenschlichen Verantwortung nicht nachgekommen sei, indem ich die verletzten Gefühle einer vulnerablen Gruppe unzureichend adressiert habe. Die Entscheidung zur Löschung wurde direkt an die emotionale Betroffenheit eines Teiles der Studierendenschaft geknüpft, die in StuPa- und AStA-Sitzungen ganz deutlich artikuliert worden war. Der AStA erklärte, man wolle verhindern, dass sich Studierende durch den Artikel „nicht mehr willkommen und sicher fühlen“.
Stellungnahmen dazu wurden mehr als 5 Monate nach der Löschung des Artikels veröffentlicht:
Die MHH-IG unterstellt meinem Artikel gezielte Rufschädigung, populistische Züge und die Verwendung von rechtem Vokabular. Letzteres konnte im Verlauf der Debatte nie belegt werden. Trotz ihres jahrelangen Spendensammelns für Islamic Relief sehen sie sich zu Unrecht in Beziehung zu Islamisten gesetzt. Eine Erklärung, weshalb eine Spende keine Unterstützung sei, ist man bis heute schuldig geblieben.
Die Aktion Deutschland Hilft e.V., mit deren gutem Ruf mehrfach die Entscheidung der MHH-IG zugunsten von Islamic Relief begründet wurde, lässt seit September 2020 die Mitgliedschaft von Islamic Relief ruhen. Grund sei, wie bereits zuvor im unten stehenden Artikel beschrieben, der unzureichende Umgang von Islamic Relief mit rassistischen, antisemitischen und diskriminierenden Aussagen einzelner Personen der Organisation.
Die Antidoton-Redaktion distanziert sich von der Löschung des Artikels als lediglich oberflächlicher Konfliktlösung. Dieser Konflikt beruht auf einer inhaltlichen Auseinandersetzung und ist, wenn auch emotional anstrengend, dringend notwendig, berührt er doch außerdem die Frage, wie wir auf dem Campus miteinander leben und streiten wollen.
Wir haben nicht nur das Recht auf freie Meinungsäußerung, sondern mit diesem Blog auch ein Mittel dazu.
Aufmerksame Kommiliton*innen, Besucher*innen des Wohnzimmers und Leser*innen des Studierendenverteilers werden sicherlich im Oktober eine Einladung der Islamischen Hochschulgemeinschaft (MHH-IG) zur Charity Week erhalten haben. In drei Veranstaltungen soll „Mit Spiel und Spaß, Essen und Trinken und auf unterschiedliche Art und Weise [versucht werden,] Spendengelder zu sammeln um verschiedene Projekte zu ermöglichen!“. Initiator und Empfänger der Spendengelder dieser Charity Week ist die Organisation „Islamic Relief“ (IR), deren markantes Logo mit den zwei Minaretten auf dem Einladungsplakat zu finden ist. Sie versorgt teilnehmende Unis mit Organisations- und Werbematerialen. Bei dieser 1984 gegründeten NGO handelt es sich um die größte islamisch inspirierte Hilfsorganisation der Welt. Die Mutterorganisation Islamic Relief Worldwide (IRW) mit Sitz in Birmingham koordiniert das Netz aus mehr als 40 länderspezifischen Vereinen, darunter auch Islamic Relief Deutschland e.V. (IRD).
Die MHH-IG hat in der Vergangenheit bereits häufiger Spendenaktionen von IR ehrenamtlich unterstützt. Wenngleich die MHH-IG laut Eigendarstellung „unabhängig von anderen islamischen Vereinen, Gruppierungen und Gemeinden arbeitet und keinerlei politische Ziele hat“[i], kann man dieses von IRD, dem Empfänger der Spendengelder und dem sich anschließenden Geflecht aus Vereinen und Organisationen nicht behaupten. Sie stehen schon länger im Verdacht, verfassungsfeindliche Ziele zu verfolgen. Diverse Anfragen durch Politiker der Grünen, FDP und AfD haben jeweils bei Landes- oder Bundesregierung eine Reihe an Antworten provoziert, in denen zumeist Informationen aus Verfassungsschutzberichten aufbereitet wurden. Seit 2017 verwies man in den Antworten auch gern auf eine laufende Prüfung der staatlichen Zuwendungen und Begünstigungen von IRD durch den Bundesrechnungshof.
Laut der Bundes- und einigen Landesregierungen bestehe eine enge Zusammenarbeit mit der DMG (Deutsche Muslimische Gemeinschaft e.V.).[ii] So finanzierte IRD mehrfach als Hauptsponsor Veranstaltungen der DMG sowie der Muslimischen Jugend in Deutschland e.V. (MJD), einer der DMG eng verbundenen Jugendorganisation, sie trat dort mit Redebeiträgen und Workshops auf.[iii] Zudem bestanden immer wieder personelle Verflechtungen zwischen IRD und DMG durch Personen, die als Multifunktionäre beiden Vorständen angehörten.
Wieso ist dies alles relevant? Die Organisation, die sich hinter dem harmlosen Namen DMG verbirgt, ist, der deutsche Ableger der Muslimbruderschaft, einer verfassungsfeindlichen und islamfaschistischen Organisation.[iv] Sie gilt als älteste und einflussreichste sunnitisch-radikalislamistische Bewegung und ist in vielen Ländern aktiv. Ihr Ziel ist die Errichtung eines Gottesstaats mit der Scharia als höchster Verfassung.[v] Neben ihrem ‚palästinensischen‘ Arm, der Terrororganisation Hamas, die in klerikal-autoritärer Weise den Gazastreifen beherrscht, rückte die Muslimbruderschaft in Ägypten ab 2011 ins weltweite Rampenlicht, als sie von 2012 bis 2013 mit Mohammed Mursi den Staatspräsidenten stellte.
“The Koran is our constitution, the Prophet is our leader, jihad is our path and death in the name of Allah is our goal,”
Muhammed Mursi in einer Wahlkampfrede an der Cairo University[vi]
In unscharfer Abgrenzung zu Terror-Unterorganisationen wie der Hamas, praktiziert die Muslimbruderschaft insbesondere in Deutschland keinen dschihadistischen, sondern einen legalistischen Islamismus. Ohne Einsatz von Gewalt will man mit legalen Mitteln Einfluss gewinnen, Kontakte zu politischen Entscheidungsträgern anstreben und eine Gesellschaft auf islamischem Recht und Prinzipien gründen, sowie auch der kulturellen Verwestlichung entgegenwirken. Demokratische Systeme werden nur als Übergangslösung akzeptiert, das Verhältnis zu ihnen ist folglich ein taktisches.[vii]
Signifikante personelle Überschneidungen finden sich nicht nur zwischen IRD und DMG, sondern auch zwischen IRD/IRW und der Muslimbruderschaft selbst.[viii]
So muss man auch nicht einmal professioneller Journalist sein, um zu sehen, wie Gründungsmitglieder und Führungspersonen von IR auf ihren Facebook-Seiten Erkennungszeichen der Muslimbruderschaft präsentieren, wie etwa den Rabia-Gruß, dessen Verwendung durch den türkischen Staatspräsidenten Erdoğan auch in deutschen Medien bereits für Bestürzung gesorgt hatte. Oder wie sie auf Twitter die antisemitische BDS Bewegung unterstützen, die Israel als rassistisch-kolonialistischen Apartheidsstaat sieht und gern auch mal in besonders infamer Weise mit den Nationalsozialisten gleichsetzt.[ix] All dies ist keine umfassende Recherche der Social-Media Präsenzen von Vertretern besagter Vereine. Aber es fügt sich in das Bild, das der Verfassungsschutz in seinen Berichten immer wieder beschreibt und das sich auch auf Material aus Durchsuchungen stützt: Dass es sich bei Islamic Relief, DMG und MJD um Vereine handelt, die nach außen hin eine Fassade aufbauen, mit der sie sich gegenüber der liberalen Mehrheitsgesellschaft als gute Kooperationspartner für soziale Projekte, Bildungspartnerschaften und Seelsorge ausweisen.[x] Dabei hilft auch das nicht zu übersehende „Bekenntnis zum Grundgesetz“ auf der Website der DMG.[xi] Ebenso weiß man, die Klaviatur der liberalen Buzzwords bestens zu bedienen, wenn man von Toleranz, Miteinander, Empowerment und Antirassismus redet. Dass insbesondere die falsche Rede von Toleranz lediglich das Tolerieren der eigenen religiös-autoritären Meinungen durch die Gesellschaft meint, weiß jede*r liberale und aufgeklärte Muslim*a, der*die einmal den Tugendbelehrungen oder dem sozialen Druck seiner*ihrer vermeintlichen Glaubensgenossen ausgesetzt war.
„Islamic Relief Deutschland: Ganzheitlich, nachhaltig, transparent“[xii]
Islamic Relief Aktion „Speisen für Waisen“
Anschluss und scheinbare Integration in die gute und menschenfreundliche Gesellschaft der Spendenorganisationen lässt sich IRD durch Verbindungen zu „Aktion Deutschland hilft“ oder dem „Deutschen Spendenrat e.V.“ bescheinigen. Die Mitgliedschaft in letzterem beinhaltet allerdings lediglich eine Selbstverpflichtung. Die Bloggerin Sigrid Herrmann-Marschall beschreibt in einem Zeitungsartikel, wie dem Spendenrat 2017 eine „gerichtlich festgestellt falsche eidesstattliche Erklärung des Geschäftsführers zur Organisationsstruktur“ gemacht wurde, dessen Ziel eine Verschleierung von „organisatorischen, finanziellen und personellen Verflechtungen“ war.[xiii]
Während man in Deutschland vorsichtiger vorgeht, scheuen sich IR-Ableger anderer Länder auch mitunter nicht, Hassprediger zu Vorträgen einzuladen, die in einigen liberalen europäischen Ländern bereits mit Einreiseverboten belegt sind.[xiv] Das Spendengeld fließt ohnehin mit dem Großteil nach Birmingham zu IRW. So verzeichnet der dortige Annual Report aus 2018 Zuwendungen von rund 10 Mio. EUR durch IRD. IRD hat laut eigenem Jahresbericht 2018 knapp 20 Mio. EUR eingenommen. Abzüglich 3 Mio. EUR für Werbung und sonstige Verwaltungsausgaben, werden ca. 17 Mio. aus Deutschland zur Projektförderung verwendet, letztere aber offensichtlich zu 60% an IRW überwiesen. Ausweislich eines Urteils des Landesgerichts Köln hat es durch IRD-Funktionsträger eine falsche eidesstattlich Aussage zu den Verbindungen von IRD und IRW gegeben.[xv] [xvi]
Man kann davon ausgehen, dass von den Spendengeldern ein guter Teil bei Bedürftigen in aller Welt ankommt. Das ist lobenswert, ebenso die Spendenbereitschaft der Studierenden, der MHH-IG und nicht zuletzt deren ehrenamtliches Engagement in der Sache. Wenngleich man schwer überprüfen kann, was in neu gebauten Schulen in Gaza gelehrt wird. Das oben Beschriebene lässt zumindest vermuten, dass die Muslimbruderschaft sich die Hilfe auf die Fahne schreibt. Dass Schulen und Straßen gern nach Terroristen benannt werden, kann naturgemäß kein Geheimnis bleiben und ist es auch folglich nicht.[xvii] Darüber hinaus ist IR in Israel wegen Terrorfinanzierung schon seit 2014 verboten.[xviii] Es stellt sich natürlich die Frage, warum die unpolitische MHH-IG sich für eine Spendenaktion eine so hochpolitische Organisation wie IR ausgesucht hat. Ist man sich der zunehmenden Kontroversen um die Organisation bewusst?
Ich schreibe mehrere Mails an den Vorstand der MHH-IG, in der ich diese Bedenken äußere. Irgendwann bekomme ich Antwort: Man stehe hinter dem Spendenziel von IR, Waisenkindern zu helfen. Es sei eine unpolitische und nicht der Muslimbruderschaft zugehörige Organisation. Selbst sei man auch unpolitisch. Man habe meine Bedenken bzgl. der Verfassungskonformität an IRD direkt weitergeleitet, der Standpunkt würde dann besser erläutert. Ich hake ein und bemerke, dass die Bundesregierung das anders sieht, lege die Quellen vor. Danach höre ich nie wieder etwas, weder von der MHH-IG, noch von IRD.
Nicht weit entfernt, in der Hannoverschen Innenstadt, wurde im Februar 2020 eine Aktion von IR durch den Stadtkämmerer und das Innenministerium untersagt. Man wolle „Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ verhindern, auch nachdem man in den vorherigen Jahren schlechte Erfahrungen mit der Zulassung von Pavillons der Charity Week gemacht habe.[xix] Nun, an der MHH scheint man dafür noch ein Refugium zu bieten.
Auf die Untersuchung des Bundesrechnungshofes wartete ich auch, so wie die interessierten Abgeordneten von FDP und Grünen. Schließlich hatte doch auch das Auswärtige Amt, wenngleich zweckgebunden, jährlich Millionen für ein Syrien-Projekt an IRD gezahlt. Am 23.04. hatte die Zeitschrift Jungle World dann wohl genug gebohrt: Laut Auswärtigem Amt sei die jahrelange Untersuchung des Rechnungshofes zu einem Ergebnis gekommen, dieses könne jedoch mit Berufung auf das Sicherheitsüberprüfungsgesetz nicht veröffentlicht werden.[xx] Die Förderung für das Projekt von IRD sei ausgelaufen und werde nicht verlängert. Am mangelnden Bedarf an medizinischer Versorgung in Syrien wird es wohl nicht gelegen haben.
[i] MHH-Website, als sie vor der Neugestaltung im Dezember 2019 noch einen Internetauftritt der MHH-IG beinhaltete: https://www.mh-hannover.de/mhh-ig.html [Zugriff am 16.10.2019]
[ii] Drucksache 18/10923 des Bundestags
[iii] Drucksache 17/6980 des Landtages in NRW
[iv] Verfassungsschutzbericht 2018
[v] https://www.bpb.de/politik/extremismus/islamismus/286322/die-muslimbruderschaft [Zugriff am 02.05.2020]
[vi] Hiermit wiederholte Mursi einen Ausspruch vor Kairoer Studierenden, der je nach Übersetzung in leichten Permutationen aus der Satzung der Bruderschaft entnommen ist:
https://www.businessinsider.com/morsi-says-jihad-is-our-path-and-death-in-the-name-of-allah-is-our-goal-2012-6?r=DE&IR=T [Zugriff am 02.05.2020]
siehe auch in der Satzung Art. 8:
https://avalon.law.yale.edu/20th_century/hamas.asp [Zugriff am 02.05.2020]
außerdem:
https://www.wsj.com/articles/SB10001424052748704132204576136590964621006 [Zugriff am 02.05.2020]
[vii] Verfassungsschutzbericht Bayern 2018
[viii] Drucksache 19/9415 des Bundestages
[ix] https://www.zeit.de/kultur/musik/2019-05/eurovision-song-contest-favoriten-israel-politik-bds/seite-2 [Zugriff am 02.05.2020]
[x] Verfassungsschutzbericht Bayern 2012
[xi] https://www.dmgonline.de/dmg/positionen/bekenntnis-zum-grundgesetz/ [Zugriff am 02.05.2020]
[xii] https://www.speisen-fuer-waisen.de/wp-content/uploads/2019/09/05_Islamic-Relief-Deutschland_Eine-deutsche-muslimische-Hilfsorganisation_2019.pdf [Zugriff am 02.05.2020]
[xiii] Sigrid Herrmann-Marschall: Die Hilfsorganisation „Islamic Relief“: Heiligenschein mit Rissen: Materialdienst der EZW 11/2017, S. 418
Dazu s. auch: OLG Köln, Az.: 15 W 50/16
[xiv] https://vunv1863.wordpress.com/2017/06/25/islamic-relief-speisen-mit-hasspredigern/ [Zugriff am 02.05.2020]
[xv] https://gruene-fraktion-nrw.de/parlament/parlamentarisches/anfragen/anfragendetail/nachricht/gemeinnuetzigkeit-von-islamic-relief-humanitaere-organisation-in-deutschland-ev.html [Zugriff am 02.05.2020]
[xvi] https://vunv1863.wordpress.com/2017/06/25/islamic-relief-speisen-mit-hasspredigern/ [Zugriff am 02.05.2020]
[xvii] https://www.welt.de/politik/ausland/article159115366/Palaestinenser-benennen-Schulen-und-Strassen-nach-Terroristen.html[Zugriff am 02.05.2020]
[xviii] https://www.ngo-monitor.org/ngos/islamic_relief_worldwide_irw_/ [Zugriff am 03.05.2020]
[xix] https://www.neuepresse.de/Hannover/Meine-Stadt/Hannover-gibt-Islamisten-keinen-Platz [Zugriff am 03.05.2020]
[xx] https://jungle.world/artikel/2020/17/kein-bakschisch-mehr-vom-aussenministerium [Zugriff am 02.05.2020]